Die Experten sind uneins, was die Empfehlungen betrifft, welcher Ernährung man nun am besten folgen sollte, um die überzähligen Kilos loszuwerden.
Wenig Fett, viele Kohlenhydrate und viele Ballaststoffe oder viel Fett und wenig Kohlenhydrate. Oder ist es eigentlich irrelevant, da es doch sowieso nur auf die Energiebalance ankommt? Weniger essen und mehr bewegen. Lebenslang hungern – ist das tatsächlich unser aller Schicksal, wollen wir ein normales Körpergewicht halten?
Die Frage scheint einfach, doch der Schein trügt. Seit 200 Jahren scheinen die schlauesten Köpfe an der simplen Frage zu scheitern – warum werden wir fett?
Die übliche Antwort auf diese Frage lautet: „Weil wir mehr Energie zu uns nehmen als wir verbrauchen“. Dies beantwortet aber nicht das „Warum“. Es wird nur beschrieben was passiert, aber es erklärt nicht die Ursache.
Um eine hilfreiche Antwort zu bekommen, müssen wir die Frage umformulieren. Warum funktioniert die natürliche Regulation von Hunger uns Sättigung nicht mehr? Durch das Umformulieren der Frage ändert sich die Perspektive. Denn die Regulation von Hunger und Sättigung unterliegt nicht meiner Willenskraft, sondern der Wirkung von Hormonen.
Hormone statt Kalorien
Es gibt mehrere Hormone, die an der Regulation von Hunger und Sättigung beteiligt sind. Das Schöne, Hormone können direkt durch Lebensmittelauswahl beeinflusst werden. Low-Carb macht genau das, es reguliert und normalisiert Hunger und Sättigung.
Das wichtigste Hormon, das wir uns in diesem Zusammenhang anschauen müssen, ist das Hormon Insulin. Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse produziert und dann ausgeschüttet, wenn Zucker im Blut landet. Insulin reguliert aber nicht nur den Blutzucker, sondern auch Fetteinlagerung und Energiebereitstellung. Steigt Insulin auch nur minimal über den Nüchternwert an, dann wird die Fettverbrennung gehemmt. Gleichzeitig wird die Fetteinlagerung und die Neubildung von Fett aus Kohlenhydraten begünstigt. Kohlenhydrate sind der Makronährstoff mit dem größten Effekt auf die Insulinausschüttung.
Für nachhaltige Gewichtsregulation ist es daher unumgänglich das Insulin im Zaum zu halten und das erreicht man in erster Linie mit der Reduktion von Kohlenhydraten. Die individuelle Insulinsensitivität bestimmt, wie stark Kohlenhydrate eingespart werden müsse. Als Grundsatz gilt, je insulinresistenter umso niedriger muss der Kohlenhydratanteil in der Ernährung gehalten werden.
Das Problem mit Normwerten bei Insulin Die Bandbreite für Insulin ist leider sehr weit gefasst. Als Normal gelten Werte zwischen 5 – 30 mU/l. Dieser Bereich ist schon recht weit gefasst. Die meisten Low-Carb Ärzte, wie z.B. Dr. Eric Westman, empfehlen einen Nüchternwert von unter 10 mU/l.
Insulinresistenz bestimmen mit dem HOMA-Index Der sogenannte HOMA-Index (Homeostasis Model Assessment) ist eine einfachere Methode. Es handelt sich um ein mathematisches Modell, das eine Berechnung der Insulinresistenz und der Betazellfunktion erlaubt[1]. Nach 12-stündiger Nahrungskarenz wird morgens das Nüchterninsulin und die Nüchternglukose (Nüchternblutzucker) bestimmt. Die Berechnung geschieht wie folgt:
HOMA-Index Beschreibung < 2 = Insulinresistenz eher unwahrscheinlich 2,0 – 2,5 = Hinweis auf eine mögliche Insulinresistenz 2,5 – 5,0 = Insulinresistenz sehr wahrscheinlich > 5,0 = Durchschnittswert bei Typ 2-Diabetikern |
Low-Fat oder Low-Carb?
Kritiker der low-carb und keto Ernährung werden nicht müde hervorzuheben, dass es bei Vergleichsstudien keine deutlichen Unterschiede zwischen den beiden Diäten gab, was die Gewichtsabnahme betrifft. Leider ist das nur die halbe Wahrheit und eben jene Kritiker lassen wichtige Details unter den Tisch fallen.
Essen ohne Mengenbeschränkung oder mit
Es ist richtig, dass in den meisten Studien, die beiden Diäten gleich gut abschneiden was den Gewichtsverlust bei den Teilnehmern betrifft. Der kleine feine Unterschied ist allerdings, dass in diesen Studien, die Teilnehmer in der Low-Carb Gruppe so viel essen durften, wie sie wollte, in der Low-Fat Gruppe aber nur eine beschränkte Kalorienmenge erlaubt war. Das ist also Äpfel mit Birnen vergleichen[2].
Gewicht ist nicht alles
Die Zahl auf der Waage ist nur ein Teil. Wir wissen, dass Körperfett unterschiedlich problematisch ist, je nachdem wo es sitzt. Fettdepots unter der Haut, sogenannte subkutanes Fett, ist von einem Risikoaspekt her eher unbedeutend. Währenddessen sind die Fettdepots, welche im Bauchraum und um die Organe herum liegen, von der Risikobewertung her wesentlich kritischer zu sehen. Dieses Fett wird als intraabdominal bezeichnet.
Der Erfolg einer Diät lässt sich also nicht rein in den verlorenen Kilos messen, sondern auch daran welche Art von Fett abgebaut worden ist. Genau hier zeigt die low-carb Diät ihre Überlegenheit gegenüber der low-fat Diät. Denn bei der low-carb Diät wird deutlich mehr von dem gefährlichen intraabdominalen Fett abgebaut als dies bei der low-fat Diät der Fall ist[3].
Zusammenfassung
Gerne gemachte Vergleiche zwischen low-carb und low-fat bergen Fallstricke. Bei low-carb wird mehr von dem gefährlichen Köperfett mobilisiert, das im Bauchraum liegt. Dadurch verbessern sich alle Risikoparameter. Außerdem kann man gleich gut abnehmen, jedoch ohne dabei hungern zu müssen oder Kalorien zu zählen.
[1] Matthews DR, Hosker JP, Rudenski AS, Naylor BA, Treacher DF, Turner RC: Homeostasis model assessment: insulin resistance and beta-cell function from fasting plasma glucose and insulin concentrations in man. Diabetologia. 1985 Jul;28(7):412-9.
[2] Johnstone, Alexandra M., et al. „Effects of a high-protein ketogenic diet on hunger, appetite, and weight loss in obese men feeding ad libitum.“ The American journal of clinical nutrition 87.1 (2008): 44-55.
[3] Garr Barry, Valene, et al. „Greater Loss of Central Adiposity from Low-Carbohydrate versus Low-Fat Diet in Middle-Aged Adults with Overweight and Obesity.“ Nutrients 13.2 (2021): 475.
Bildquellen:
- Plate with apple and measuring tape, weight loss: By NomadSoul1 | (c) licensed via Envato