Warum ist es wichtig, dass man als mündiger Patient ein klein wenig über die wichtigsten Gesundheitsmarker weiß? Manche werden vielleicht denken, dass das doch eigentlich die Aufgabe des Arztes ist.

Ja, klar ist es eigentlich der Job deines Arztes sich damit zu beschäftigen und dich zu beraten. Aber die traurige Wahrheit ist, dass die meisten Ärzte entweder nicht genug Zeit haben, oder sie sich auch nicht auskennen. Das soll kein Angriff auf die Ärzteschaft sein. Ich weiß dass es praktizierende Mediziner in Österreich und Deutschland nicht leicht haben.  In Österreich hat ein Hausarzt gerade einmal 5 Minuten pro Patient. Das ist nicht sonderlich viel Zeit. In vielen Fällen reicht die Zeit nicht um alle Parameter auf dem Labortest zu besprechen, sondern gerade einmal um ein Medikament zu verschreiben.

Au diesem Grund sollte jeder eine Grundahnung von den wichtigsten Gesundheitsmarkern haben, auf Grund derer möglicherweise Medikamente oder eine andere Therapie verschrieben werden.

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Ein Wort zu Beginn…

Doch bevor wir uns die einzelnen Marker anschauen, möchte ich auf eine sehr wichtige Sache hinweisen. Es gibt viele Faktoren die Testergebnisse beeinflussen können. Zum Beispiel:

  • Stress
  • Schlafentzug
  • Training
  • Tages- oder Jahreszeit
  • Nahrungsaufnahme
  • Etc…

Wir sehen also, dass es doch einige Dinge gibt, die zum Beispiel die Blutwerte maßgeblich beeinflussen können. Im Privaten gilt das Gleiche wie auch bei wissenschaftlichen Studien. Um hier eine größt mögliche  Verlässlichkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, müssen wir so weit als möglich standardisieren.

Was ist also wichtig?

  • 2 Tage vor einer Blutabnahme nicht trainieren
  • Mindestens 12 Stunden fasten
  • Du solltest nur Wasser trinken
  • Blutabnahmen sollten wenn möglich immer zur gleichen Tageszeit sein
  • Besonders Blutabnahmen, aber auch andere Labortests sollten nicht nach einem Wochenende durchgeführt werden. Wochenenden sind immer eine Ausnahme. Man schläft vielleicht nicht so viel wie sonst, hat das ein oder andere Gläschen Wein getrunken.

Risikofaktor: Herzgesundheit

Herzinfarkt und Schlaganfall sind die Schreckgespenster der westlichen Welt. Einer Epidemie gleich, ist der Herzinfarkt zu einer der häufigsten Todesursachen in den entwickelten Ländern geworden. Da zugleich praktisch unbekannt bei traditionell lebenden Jäger-Sammler Gesellschaften, gehört diese Erkrankung zu den sogenannten Zivilisationskrankheiten. Der, in diesem Zusammenhang, standardmäßig durchgeführte Labortest,  betrifft die Blutfettwerte und setzt sich aus folgenden Werten zusammen:

  • Gesamtcholesterin
  • HDl-Cholesterin
  • LDL-Cholesterin
  • Triglyceride

Gesamtcholesterin

Der, auf den meisten Labortest angegebene Zielwert für Gesamtcholesterin ist <200 mg/dl. Dieser Wert wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte immer weiter nach unten korrigiert. Gesamtcholesterin alleine ist allerdings KEIN aussagekräftiger Risikofaktor[1].

Die Framingham Heart Study, ist eine der größten je durchgeführten Gesundheitsstudien. Die Studie startete 1949 und dauert bis heute an. In den 1980ern wurde eine Follow-up Studie veröffentlicht, die die Daten der letzten 30 Jahre evaluierte. Die Forscher kamen zu folgendem Ergebnis[2]:

Erhöhtes Gesamtcholesterin (205 – 264 mg/dl) = KEINE Korrelation zu Herz-Kreislauferkrankungen

50% aller Menschen, die einen Erzinfarkt hatten, hatten Werte unter 220 mg/dl

LDL-Cholesterin

LDL-Cholesterin ist ein weiterer Marker, der viel Aufmerksamkeit erhält und oft als Gradmesser und Entscheidungshilfe herangezogen wird. Der empfohlene Wert für LDL-Cholesterin sollte unter 160 mg/dl liegen.

Das Problem mit LDL-Cholesterin ist, dass der Wert im Labor nicht gemessen sondern aus anderen Werten errechnet wird. Die verwendete Formel stammt aus 1972 und wird als Friedewaldformel bezeichnet.

Warum ist das ein Problem? Hat man sehr niedrige oder sehr hohe Triglycerid-Werte, dann liefert die Friedewaldformel ein falsches Ergebnis. Bei Menschen mit niedrigen Triglyceriden, wird das LDL-Cholesterin überschätzt. Wer sich nach low-carb ernährt, hat meistens sehr niedrige Triglyceride, und diese Menschen werden dann einem höheren LDL-Cholesterin diagnostiziert, als sie es in Wirklichkeit haben.

Es gibt neuere und genauere Formeln zur Berechnung von LDL

Ahmadi (2008)[3]

  • LDL (mg/dl) = TC/1.19 + TG/1.9 – HDL/1.1 – 38

Cordova (2013)[4]

  • LDL = 3/4 (TC – HDL)

LDL-Cholesterin Online Rechner findest Du HIER

Triglyceride zu HDL – ein besserer Marker

Das Verhältnis von Triglyceriden zu HDL ist ein wesentlich verlässlicherer Marker um das persönliche Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen einschätzen zu können.

Hier gilt:

< 3,5 für Frauen und < 2,5 für Männer

LDL-Partikelgröße

Ein weiterer sehr guter Risikomarker ist die LDL-Partikelgröße. Es gibt große fluffige LDL-Partikel und kleine dichte LDL-Partikel. Soweit wir das heute wissen, sind es die kleinen, dichten, die gefährlich sind[5].

ldl_particle_size

Die Partikelgröße wird standardmäßig nicht erhoben. Möchte man hier nicht das Geld ausgeben und sie extra messen lassen, kann  man einen einfachen Trick nutzen. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Menge an Triglyceriden und der LDL- Partikelgröße[6] [7].

trigs_ldl_correlation

Je weniger Triglyceride umso mehr große fluffige LDL-Partikel und umso weniger von den gefährlichen kleinen.  Wer also Triglyceride unter 100 mg/ dl oder noch besser unter 80 mg/dl hat, braucht sich über das LDL nicht wirklich Sorgen machen.

Zusammenfassung

  • Gesamtcholesterin ist kein guter Risikomarker für Herz-Kreislauferkrankungen
  • LDL-Cholesterin wird nur berechnet und wird bei Menschen mit niedrigen Triglyceriden überschätzt
  • LDL-Partikelgröße ist wichtiger, wird aber nicht analysiert. Niedrige Triglyceride sind deuten auf große, fluffige LDL-Partikel hin.
  • Das Verhältnis von Triglyceriden zu HDL ist ein guter Risikomarker. Hohe Triglyceride und niedriges HDL erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen

 

[1] Petursson, Halfdan, et al. „Is the use of cholesterol in mortality risk algorithms in clinical guidelines valid? Ten years prospective data from the Norwegian HUNT 2 study.“ Journal of evaluation in clinical practice 18.1 (2012): 159-168.

[2] Anderson, Keaven M., William P. Castelli, and Daniel Levy. „Cholesterol and mortality: 30 years of follow-up from the Framingham Study.“ Jama 257.16 (1987): 2176-2180.

[3] Ahmadi, Seyed-Ali, et al. „The impact of low serum triglyceride on LDL-cholesterol estimation.“ Arch Iran Med 11.3 (2008): 318-21.

[4] de Cordova, Caio Mauricio Mendes, and Mauricio Mendes de Cordova. „A new accurate, simple formula for LDL-cholesterol estimation based on directly measured blood lipids from a large cohort.“ Annals of clinical biochemistry 50.1 (2013): 13-19.

[5] Cromwell, William C., et al. „LDL particle number and risk of future cardiovascular disease in the Framingham Offspring Study—implications for LDL management.“ Journal of clinical lipidology 1.6 (2007): 583-592.

[6] Austin, Melissa A., et al. „Atherogenic lipoprotein phenotype. A proposed genetic marker for coronary heart disease risk.“ Circulation 82.2 (1990): 495-506.

[7] McNamara, Judith R., et al. „Change in LDL particle size is associated with change in plasma triglyceride concentration.“ Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology 12.11 (1992): 1284-1290.

/alles-was-du-ueber-cholesterin-wissen-musst/

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  1. Danke für die ausführliche Information. Hatte letztens mit meiner Hausärztin eine Diskussion und die hatte mich dann für blöd hingestellt, weil sie ja die Ärztin ist! Naja! Egal! Danke auf jeden Fall! LG Angelika

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