Resistente Stärke: Nahrung für den Darm
Ein gesunder Mensch trägt rund 2kg Darmbakterien mit sich herum. 2kg sind eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass sie aus für unser bloßes Auge unsichtbaren Bakterien bestehen. Besteht dieses Volk aus guten Bakterien und sind alle notwendigen Stämme anwesend, geht’s uns und unserem Immunsystem gut. Resistente Stärke ist zur Fütterung unserer erwünschten Mitbewohner bestens geeignet.
Was ist resistente Stärke?
Stärke ist ein, in Pflanzen vorkommendes Kohlenhydrat. Die Pflanze speichert Zucker (Glucose) in Form von Stärke.
Stärke besteht aus langen Ketten von Glucosemolekülen. Um Stärke verdauen zu können, brauchen wir spezielle „Scheren“ (Enzyme), die die Verbindungen zwischen den Glucosemolekülen zerschneiden können. Es wird prinzipiell zwischen glykämischen (d.h. den Blutzuckerspiegel erhöhenden Stärken) und resistenten Stärken unterschieden. Glykämisch wirksame Stärken werden rasch im Verdauungstrakt zu Glucose abgebaut und im Dünndarm absorbiert.
Elektronenmikroskopische Aufnahme einzelner Zellen einer Kartoffel
Die eingelagerten Stärkekörner sind gut sichtbar. Quelle: wikipedia
Als resistent wird eine Stärke dann bezeichnet, wenn uns das entsprechende Enzym fehlt und wir die Stärke nicht in einzelne Glucosemoleküle zerschneiden können. Auf diese Weise passiert resistente Stärke Magen und Dünndarm, und gelangt unverändert in den Dickdarm. Dort findet sich eine große Zahl von Bakterien, die in der Lage sind, die resistente Stärke durch Fermentation aufzuspalten.
Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan. Die Fettsäuren werden von den Dickdarmzellen absorbiert. Resistente Stärke verhält sich also ähnlich einem Ballaststoff, allerdings entsteht mehr Butyrat (Buttersäure)[1]. Butyrat stellt eine wichtige Energiequelle für die Dickdarmzellen selber dar.
ResistenteStärke (RS) ist also nur resistent gegenüber den Verdauungsenzymen des Wirts, jedoch nicht gegenüber den Darmbakterien.
Es werden 4 Typen von resistenter Stärke unterschieden:
RS Type 1 – Stärke, die durch unverdauliche pflanzliche Zellwände gebunden ist, wie z.B. rohe, unverarbeitete Getreidekörner und Samen. Wenn diese physikalisch (z. B. durch Kauen) oder chemisch (z. B. durch Abbau der sie umgebenden Matrix) aufgeschlossen wird, kann sie durch die Verdauungssäfte in normaler Weise bearbeitet werden.
RS Type 2 – Stärke, die durch ihren hohen Gehalt an Amylose in ihrer rohen Form, unverdaulich ist; wie z.B. rohe Kartoffeln, grüne Bananen, Kochbananen. Resistente Stärke des Type 2 wird durch Erhitzen verdaulich.
RS Type 3 – Retrogradierte Stärke; manche Stärken verändern durch Erhitzen und anschließendes Abkühlen ihre Struktur und werden resistent gegenüber der Verdauung; z.B. Stärke aus Kartoffeln, Reis oder Bohnen.
RS Type 4 – industriell hergestellte resistente Stärke; sie kommt nicht natürlich vor und ist zum Beispiel in High-Maize enthalten.
Unterschiedliche Wirkung auf den Organismus
Die Forschung rund um RS befindet sich noch am Anfang. Eines ist jedoch so gut wie sicher. Die unterschiedlichen RS Typen haben unterschiedliche Auswirkung auf unseren Organismus. Während RS Type 3 und Inulin eine positive Wirkung auf intestinale Sättigungssignale hat und in zahlreichen Studien zu Gewichtsverlust und verbesserter Blutzuckerkontrolle beigetragen hat, zeigt RS Type 2 aus roher Kartoffelstärke und Hi-Maize einen gegenteiligen Effekt[2].
Welche Vorteile hat RS2 und RS3
Resistente Stärke, besonders aus rohem Gemüse und Wuzeln, ist sicherlich seit Anbeginn der Menschwerdung ein Teil unserer Ernährung. Ballaststoffreiche Pflanzen spielen in fast allen Jäger-Sammlergesellschaften eine wichtige Rolle und stellen meist den Großteil der Kohlenhydrate in traditionell lebenden Gemeinschaften.
Gerade resistente Stärke Typ 3 und Inulin zeigen zahlreiche positive Effekte:
- Resistente Stärke ist die „Lieblingsspeise“ der guten Darmbakterien
- Sättigungssignale: GLP-1 und GLP-2, PYY
- Bakterien fermentieren Resistente Stärke und erzeugen Butyrat (Buttersäure)[3]. Butyrat (Buttersäure) ist die Hauptenergiequelle der Dickdarmzellen
- Resistente Stärke verbessert die Insulinsensitvität bei Menschen mit metabolem Syndrom[4]
- Resistente Stärke verbessert die Integrität der Dickdarmschleimhaut[5]
- Resistente Stärke senkt den pH Wert→ ein leicht saures Milieu erschwert die Besiedelung durch pathogene und fäulinsbildende Keime
- Resistente Stärke verbessert die Barrierefunktion des Darms4
Buttersäure – wichtiger Nährstoff für einen gesunden Darm
Die Darmschleimhaut und die Blutgefäße in der Darmwand sind auf die Buttersäure der Bakterien angewiesen. Ein ausreichend hoher Buttersäurespiegel im Darm ist deshalb wichtig. Ist die Darmschleimhaut gut genährt, kann sie eine effektive Barriere gegenüber Giftstoffen und Krankheitserregern bilden und auch die natürliche Darmflora daran hindern, in das Gewebe einzudringen. Sinkt der Buttersäurespiegel dagegen ab, hat das Folgen für den Darm. Die Darmzotten bilden sich zurück und die Darmschleimhaut verändert sich. Damit steigt das Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und Darmkrebs an. Die Buttersäure kann aber noch mehr: Sie säuert das Darmmilieu an und senkt damit die Aktivität von Enzymen, die krebsfördernde Stoffe bilden. Außerdem wirkt sie Entzündungen entgegen.
Mögliche Probleme mit resistenter Stärke
Prinzipiell gilt, wer mit Resistenter Stärke experimentieren möchte sollte mit kleinen Mengen beginnen und dann langsam die Dosis erhöhen.
Folgende Symptome können auftreten:
- Blähungen
- Krämpfe
- Durchfall
- Verstopfung
Zusammenfassung
Resistente Stärke kann einen positiven Effekt auf die Verdauung und andere Gesundheitsparameter haben. Die richtige Art von Resistenter Stärke spielt jedoch eine große Rolle. RS3 und Inulin sind effektive Modulatoren sowohl der Darmflora als auch bestimmter darmassoziierter Signalwege, wie GLP-1, GLP-2 und PYY.
GLP-1 und GLP-2 senken die Durchlässigkeit des Darms, kontrollieren die Einlagerung von Körperfett und den Metabolismus[6]. PYY ist ein wichtiges Sättigungshormon.
Auch wichtig: Darmflora testen lassen! Liegen Dysbiosen und Parasitenbefall vor?
Wie immer gilt, „eat real food“. Es ist nicht unbedingt notwendig RS3 zu supplementieren. Einfach Inulin und RS3 reiche, natürliche Lebensmittel essen: Lauch, Zwiebeln, Chicorée, Topinambur, Flohsamen, Pilze, kalte gekochte Kartoffeln, …
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Referenzen
[1] Cummings, J. H., Beatty, E. R., Kingman, S. M., Bingham, S. A., & Englyst, H. N. (1996). Digestion and physiological properties of resistant starch in the human large bowel. British Journal of Nutrition, 75(05), 733-747.
[2]Bodinham, C. L., et al. „Efficacy of increased resistant starch consumption in human type 2 diabetes.“ Endocrine connections 3.2 (2014): 75-84.
[3] Topping D.L. Clifton P.M. 2001. Short-Chain Fatty Acids and Human Colonic Function: Roles of Resistant Starch and Non-starch Polysaccharides. Physiological Reviews. Vol. 81no. 1031-1064
[4] Robertson, M.D. 2005. Insulin-sensitizing effects of dietary resistant starch and effects on skeletal muscle and adipose tissue metabolism. Am J Clin Nutr. Vol.82 no. 3 559-567
[5] Nofrarías, M. 2007. Long-term intake of resistant starch improves colonic mucosal integrity and reduces gut apoptosis and blood immune cells. Nutrition. 23(11-12):861-70
[6] Geurts, Lucie, et al. „Gut microbiota controls adipose tissue expansion, gut barrier and glucose metabolism: novel insights into molecular targets and interventions using prebiotics.“ Beneficial microbes 5.1 (2014): 3-17.
Der Artikel ist zuerst erschienen am 19. Januar 2015 auf foodlinx.de