Die Cholesterin Hypothese – wie Bad Science unsere Gesundheit zerstört

Einleitung

Herz-Kreislauferkrankungen (HKE) sind der Killer Nummer 1 in allen industrialisierten Ländern dieser Erde. Dicht gefolgt von Krebs und Diabetes. Es gibt kaum jemanden, der nicht direkt oder indirekt davon betroffen ist. Neben den persönlichen Tragödien und dem Leid, ist die finanzielle Belastung nicht zu unterschätzen. 2015 schätzte die American Heart Association die Gesamtkosten auf 320 Milliarden US Doller in den USA und 37 Milliarden Euro in der EU.

Der Druck auf Politik und Forschung ist verständlicherweise hoch. Doch trotz größter Bemühungen und Milliarden an Forschungsgeldern scheinen wir nicht wirklich den großen Durchbruch zu schaffen.

Der Kampf gegen HKE wird seit mehr als 50 Jahren erbittert gekämpft. Seit den 70er Jahren werden vor allem Cholesterin und gesättigte Fette für die Erkrankung verantwortlich gemacht. Obwohl eine große Anzahl von wissenschaftlichen Studien gegen diese Hypothese spricht, propagieren die offiziellen Stellen und auch ein Großteil der Mediziner noch immer überholte Ernährungsempfehlungen.

In diesem Artikel habe ich alle zentralen Punkte rund um Cholesterin, gesättigte Fette und Herz-Kreislauferkrankungen zusammengefasst, um dir einen optimalen Überblick über dieses sehr komplexe Thema zu geben.

Die wichtigsten Punkte in diesem Artikel:

  • Cholesterin und gesättigte Fette in der Nahrung führen nicht zu Herzinfarkt
  • Cholesterin im Blut ist kein verlässlicher Risikomarker
  • Die Grenzwerte für Cholesterin im Blut haben keine wissenschaftliche Basis
  • Cholesterin ist ein lebensnotwendiger Stoff in unserem Körper
  • Welche Parameter wirklich zählen
  • Warum eine kohlenhydratreduzierte, nährstoffdichte Ernährung der beste Ansatz ist, um etwas für die Herzgesundheit zu tun

Ein paar Worte vorweg

Dieser Artikel ist kein einfacher Stoff, und Du solltest dir wirklich Zeit nehmen. Vielleicht druckst du ihn dir sogar aus, damit du dir wichtige Stellen markieren kannst.

Dieser Artikel ist anspruchsvoll. Warum sage ich Dir das? Ich möchte, dass Du mit der richtigen Einstellung rangehst und nicht mitten drin aufhörst. Dieses Thema ist so wichtig und so komplex, dass ich einfach keine Abkürzungen machen möchte. Man muss nicht jeden Aspekt von Ernährung und Gesundheit bis ins kleinste Detail verstehen. Cholesterin bildet eine Ausnahme. Ich möchte, dass Du die Zusammenhänge verstehst und Du dann für dich eine Entscheidung treffen kannst.

 

Cholesterin ein lebensnotwendiger Baustoff

Bevor wir uns über die vermeintliche Rolle von Cholesterin in der Entstehung von HKE Gedanken machen, sollten wir erst einmal verstehen, was Cholesterin überhaupt ist, und welche Funktion es im Körper erfüllt.

Cholesterin (auch Cholesterol) ist ein zur Gruppe der Sterine oder Sterole gehörendes Steroid. Cholesterin kann nur von Tieren und Menschen gebildet werden und ist ein essenzieller Bestandteil jeder Zellmembran und ist maßgeblich an der Stabilität und Fluidität dieser beteiligt. Zellen, die kein Cholesterin in die Membran einlagern können, lösen sich binnen kürzester Zeit einfach auf [1].

Herstellung von Cholesterin im Körper

Der Großteil des Cholesterins wird vom Körper selber hergestellt (synthetisiert). Über die Nahrung aufgenommenes Cholesterin spielt nur eine untergeordnete Rolle. Es ist kaum in der Lage, den Cholesterinspiegel im Blut zu beeinflussen[2]. Cholesterin wird über den sogenannten Mevalonsäureweg hergestellt. Das Ausgangssubstrat ist die aktivierte Essigsäure (Acetyl-CoA).  In der folgenden Abbildung ist der gesamte Syntheseweg dargestellt. Es ist nicht wichtig, die Abbildung im Detail zu verstehen. Aber es soll verdeutlichen, dass in demselben Syntheseweg noch viele andere wichtige Substanzen erzeugt werden und ein Eingriff in diesen Weg weitreichende Konsequenzen hat. So etwa auf die Herstellung von Coenzym Q10 (Ubiquinone). Coenzym Q10 ist ein wichtiger Bestandteil der Atmungskette in den Mitochondrien. Ein Mangel an Coenzym Q10 führt zu einer Funktionsstörung der Mitochondrien und in weiterer Folge zu eingeschränkter Energiegewinnung.

Anmerkung: Die Medikamentengruppe der Statine (Cholesterinsenker) greifen in den Mevalonsäureweg ein. Sie hemmen die HMG-CoA Reduktase, einen zentralen Schritt im Syntheseprozess. Die Folge ist aber, dass nicht nur kein Cholesterin mehr produziert wird, sondern auch kein CoQ10. Die Konsequenzen werden oft heruntergespielt oder sogar verschwiegen – Muskelschwäche, Muskelschmerzen und Gedächtnisprobleme.

 

Welche wichtige Funktionen hat Cholesterin im Körper?

Dass Cholesterin ein zentraler Bestandteil der Zellmembran ist, habe ich ja schon im vorhergehenden Absatz kurz angesprochen. Cholesterin hat jedoch noch viel mehr Aufgaben!

Mutterhormon für alle Sexualhormone

Cholesterin ist die Ausgangsubstanz für alle Steroidhormone. Cholesterin wird zuerst zu Pregnenolon umgewandelt. Aus Pregnenolon werden dann die Geschlechtshormone Testosteron, Östrogen und Progesteron gebildet.

Ausgangssubstanz für Vitamin D3

Cholesterin bildet die Ausgangssubstanz für Vitamin D. Vitamin D3 wird unter UVB-Strahlung in der Haut gebildet. Gerade in den letzten Jahren wird die Bedeutung von Vitamin D3 immer deutlicher. Dachte man früher, dass die Hauptbeteiligung von Vitamin D3 alleinig im Knochenstoffwechsel liegt, wissen wir heute, dass Vitamin D3 noch bei viel mehr Prozessen eine Rolle spielt. So wirkt sich ein Vitamin D3 Mangel auch negativ auf die Psyche aus. Depressionen bei Vitamin D Mangel sind nicht ungewöhnlich. Auch das Immunsystem wird durch Vitamin D beeinflusst. Alle Zellen des Immunsystems weisen Vitamin D3 Rezeptoren auf und sind auch selber in der Lage, Vitamin D3 in seine aktive Form zu überführen. Vitamin D3 wirkt modulierend auf das Immunsystem [3]. Vitamin D3 Mangel ist mit zahlreichen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Autoimmunerkrankungen und Allergien assoziiert.

Ausgangssubstanz für Gallensäure

Das Cholesterin ist die Ausgangsbasis für die Bildung der Gallensäuren. Die Gallensäuren gehören auch zu der Gruppe der Steroide. Wir brauchen die Gallensäuren, um Fett aus der Nahrung im Darm zu winzigen Fetttröpfchen zu emulgieren. Durch die Emulgierung wird die Oberfläche vergrößert und die fettspaltenden Enzyme (Lipasen) können wirken. Dieser Schritt ist wichtig für die Aufnahme der Fettsäuren im Dünndarm. Die Gallensäuren werden im hinteren Abschnitt des Dünndarms (Illeum) wiederaufgenommen (resorbiert) und zurück zur Leber transportiert.

Cholesterin in Gehirn und Nervensystem

Cholesterin ist im Gehirn und im Zentralnervensystem (CNS) allgegenwärtig und lebensnotwenig für ein normal funktionierendes Gehirn. Es wird für die Gehirnentwicklung, Signalwege, synaptische Plastizität sowie für Lernen und Erinnerungsvermögen benötigt. Es ist sogar so wichtig, dass das Gehirn selbst Cholesterin erzeugt [4] [5]. Das Cholesterin im Zentralnervensystem repräsentiert 25% des gesamten nichtveresterten Cholesterins im Körper. Der Großteil dieses Cholesterins ist in den Myelinscheiden zu finden[6]. Die Myelinscheiden sind die „Isolation“ der Nervenfasern und ohne sie ist eine störungsfreie Reizweiterleitung nicht möglich. Bei der neurodegenerativen Erkrankung MS (Multiple Sklerose) werden genau diese Myelinscheiden abgebaut.

Was Serum-Cholesterinwerte und Kognition und Lernen betrifft, sind die Ergebnisse gemischt. Vor allem bei jüngeren Menschen ist die Datenlage nicht so eindeutig. Ganz im Gegensatz zu einer älteren Population. Hier sehen wir einen klaren Zusammenhang zwischen HOHEN Cholesterinwerten und BESSERER kognitiver Leistungsfähigkeit [7].

Gerade bei älteren Menschen korreliert höheres Gesamtcholesterin mit besserer Gedächtnisleistung und scheint schützend gegen Gedächtnisleistungsabbau zu wirken[8].

 

Buchempfehlung:  Ulrike Gonder und Dr. Peter Heilmeyer – Essen! Nicht! Vergessen! Demenzrisiko einfach wegessen – oder: Wie die Ernährung vor Alzheimer und Co. schützen kann

Wie kommt Cholesterin zu seinem schlechten Ruf? Die Diet-Heart Hypothesis

Der russische Pathologe Nikolaj Anichkov (1885 – 1964) gilt als Vater der Lipid-Hypothese. Er war der erste Forscher, der eine Beteiligung von Cholesterin bei der Entstehung von Arteriosklerose vermutete. Er etablierte das Kaninchen als Modelorganismus für Cholesterinstudien. Anichkov vermutete, dass Cholesterin in der Nahrung zur Entstehung von Arteriosklerose führt. Um diese Hypothese zu testen, fütterte er Kaninchen eine cholesterinreiche Nahrung. Die Folge war, dass die Kaninchen Arteriosklerose entwickelten und er dadurch seine Hypothese bestätigt gesehen hat[9].

PROBLEM!

Kaninchen sind Pflanzenfresser. Cholesterin kommt nur in tierischen Zellen vor. Anichkov hat ihnen also Nahrung tierischen Ursprungs verfüttert, die sie normalerweise nie essen. Dass das gesundheitliche Konsequenzen für die eigentlich reinen Pflanzenfresser hat ist logisch. Daher sind Kaninchen KEIN passender Modellorganismus um die Wirkung von Cholesterin in der Nahrung des Menschen zu testen.

Herzinfarkt – von medizinischer Kuriosität zum nationalen Problem

Herzinfarkt und Schlaganfall waren Anfang des 20. Jahrhunderts noch medizinische Kuriositäten und sehr selten. Doch gerade einmal 30 Jahre später, wird der Herzinfarkt zum nationalen Problem.

Todesfälle durch Herz-Kreislauferkrankungen von 1900 – 2010 in den USA. Quelle: NHI [10]

Geschockt von der steigenden Anzahl an Todesfällen und die scheinbare Ohnmacht des Staates und Gesundheitssystems, etwas dagegen zu unternehmen, war der politische Druck groß, eine „Lösung“ für das Problem zu finden. Hier betritt Ancel Keys die Bühne. Ancel Keys war in den 50er Jahren bereits ein angesehener Wissenschaftler. Sein Hauptinteresse lag auf der Ernährung und ihrem Einfluss auf die Gesundheit. Im zweiten Weltkrieg entwickelte er die Versorgungspakete für die amerikanischen Soldaten, die als K-Ration bezeichneten Pakete, waren als Notration für den kämpfenden Soldaten gedacht und sollten vor allem ausreichend Energie liefern.

K-Ration By US Army, Signal Corps [11]

In der Nachkriegszeit waren es vor allem die Themen Unterversorgung und Mangelernährung, die Ancel Keys beschäftigten. Sein „Minnesota Starvation Experiment“ ging in die Geschichte ein. Heute wohl aus ethischen Gründen undenkbar, lieferte es wichtige Informationen über die Auswirkung von Hunger auf Körper und Psyche.

In den 50er Jahren änderte sich allerdings die Situation, und es war nicht mehr Mangelernährung, die das amerikanische Volk bedrohte, sondern der Überfluss und der damit assoziierte Herzinfarkt. Ancel Key war überzeugt, dass Cholesterin und gesättigtes Fett für die Epidemie an Herz-Kreislauferkrankungen verantwortlich seien. Er nutzte seinen Einfluss in der Politik, seine rhetorische Überlegenheit und die Daten aus einer methodisch fragwürdigen Studie, um die Einstellung der Welt gegenüber Fett und Cholesterin für immer zu verändern.

Die „Seven Countries Study“

1953 publizierte Keys eine epidemiologische Studie. Er vergleicht Cholesterin in der Ernährung und Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen in 7 Ländern [12]. Der Titel des Originalartikels war „Atherosclerosis: a problem in newer public health“.  Das Ergebnis war erschütternd und vermeintlich eindeutig. Je mehr gesättigtes Fett ein Land konsumierte, umso höher lag auch die Herzinfarktrate. Die Sache war für ihn klar und weitere Diskussionen obsolet.

Die Ergebnisse der Studie wurden von einem Großteil der wissenschaftlichen Gemeinschaft äußerst stark kritisiert. Gab es doch deutliche Limitierungen bei der Interpretation der Ergebnisse:

  1. Ancel Keys hatte Daten von insgesamt 20 Ländern erhoben. Berücksichtigt man ALLE Daten bei der Auswertung ist keine klare Korrelation mehr zu sehen.
  2. Es handelt sich um eine epidemiologische Studie. Das heißt, es wurde anhand von Fragebögen das Essverhalten der Bevölkerung ermittelt. Wir haben hier mehrere Probleme 1) Fragebögen sind sehr ungenau und der Erinnerungsfehler ist enorm. Wer weiß schon, wie viel Fleisch oder Butter man in den letzten 4 Jahren gegessen hat. 2) epidemiologische Studien können NIEMALS eine Aussage über Ursache und Wirkung geben. Eine Korrelation ist KEIN Kausalzusammenhang!!
  3. Es gibt viele Kulturen, die nicht in das Bild passen. Die Franzosen, die Masai, die Inuit, die Bewohner von Tokelau, um nur einige zu nennen. Alles Kulturen, die sehr viel gesättigtes Fett und Fett generell konsumieren, wir aber deutlich geringere Fälle von HKE sehen.

Obwohl die Datenlage bei weitem nicht klar war und viele Experten sich dessen auch bewusst waren, wurden die neuen Erkenntnisse über Ernährung und Gesundheit in eine einheitliche Form gegossen und 1977 unter Senator McGovern als die „Dietary Guidelines for the American Public“ veröffentlicht.

Hier ein Ausschnitt aus dem Film „Fat Head“ mit Originalaufnahmen von der Debatte:

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2015 erschien im British Medical Journal, einem der renommiertesten Fachjournale überhaupt, ein Artikel von Nina Teicholz. Der Titel des Artikels: The scientific report guiding the US dietary guidelines: is it scientific? Sie kritisiert die Unfähigkeit der Verantwortlichen, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Guidelines einfließen zu lassen. Es wird an alten Dogmen festgehalten und relevante Forschungsergebnisse ignoriert.

Wie zu erwarten, reagierten die Autoren der Guidelines mit einer Gegenkampagne und verlangten von BMJ den Rückzug des Artikels. Das BMJ reagiert mit folgendem Statement (hier im PDF):

“Wir stehen zu Teicholzs Artikel, mit seiner schwerwiegenden Kritik an dem Vorgehen des Beratungsausschusses für die Überprüfung der Beweise, und wir stimmen mit ihre Schlussfolgerung überein: „Angesichts der ständig wachsenden Menge an Fettleibigkeit, Diabetes und Herzerkrankungen und dem Scheitern bestehender Strategien, um Fortschritte bei der Bekämpfung dieser Krankheiten zu machen, ist es dringend notwendig, ernährungsphysiologischen Ratschläge zu liefern, die auf fundierter Wissenschaft basieren. „

– Fiona Godlee, BMJ Editor in Chief

Basieren die Empfehlungen auf „schlechter Wissenschaft“?

2015 erschien ein Artikel in dem Journal Open Heart[13]. Die Wissenschaftler wollten wissen, auf welcher wissenschaftlichen Basis 1977 die Ernährungsrichtlinien erstellt worden waren. Dazu analysierten sie alle RCTs (randomisierten klinischen Studien) zum Thema Cholesterin, gesättigtes Fett und Herz-Kreislauferkrankungen.

“Evidence from randomised controlled trials did not support the introduction of dietary fat guidelines in 1977 and 1983: a systematic review and meta-analysis” (2015)

Sie fanden 6 Ernährungsstudien mit insgesamt 2467 männlichen Teilnehmern. Zwei der Studien beinhalteten „secundary prevention“ Patienten, also Menschen, die schon einmal einen Herzinfarkt hatten. Der Titel des Artikels verrät die Schlussfolgerung der Forscher.

[…] There were no differences in all-cause mortality and non-significant differences in CHD mortality, resulting from the dietary interventions. The reductions in mean serum cholesterol levels were significantly higher in the intervention groups; this did not result in significant differences in CHD or all-cause mortality. Government dietary fat recommendations were untested in any trial prior to being introduced. […]

  • Kein signifikanter Unterschied, sowohl was Gesamtsterblichkeit, als auch Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen (HKE – CHD: coronary heart disease) betrifft
  • Und das, obwohl die Reduktion des Gesamtcholesterins in der Interventionsgruppe statistisch signifikant war

Die Ernährungsempfehlungen, Fett und Cholesterin in der Ernährung zu reduzieren, waren, zum Zeitpunkt der Einführung, vollkommen ungetestet.

 EXKURS STATISTIK: Sytematische Übersichtsarbeit (systematic review)

 Eine systematische Übersichtsarbeit, auch englisch systematic review oder simpel Review, ist eine Literaturübersicht, die zu einem bestimmten Thema durch geeignete Methoden versucht, alles verfügbare Wissen zu sammeln, zusammenzufassen und kritisch zu bewerten. Grundlage jeder Übersichtsarbeit ist die bereits publizierte Fachliteratur.

Systematische Übersichtsarbeiten weisen die höchste Beweiskraft von allen wissenschaftlichen Arbeiten auf, da die Verfasser zu den ursprünglichen Artikeln keinen persönlichen Bezug haben (Interessenskonflikt). Außerdem liegt der Zweck eines Reviews gerade darin, ältere Facharbeiten kritisch zu würdigen.

Quelle: Wikipedia

 

2014 Annals of Internal Medicine [14]

Current evidence does not clearly support cardiovascular guidelines that encourage high consumption of polyunsaturated fatty acids and low consumption of total saturated fats.

2010, American Journal of Clinical Nutrition [15]

A meta-analysis of prospective epidemiologic studies showed that there is no significant evidence for concluding that dietary saturated fat is associated with an increased risk of CHD or CVD […]

2013, Advances in Nutrition [16]

The replacement of saturated fats in the diet with carbohydrates, especially sugars, has resulted in increased obesity and its associated health complications[..] The adverse health effects that have been associated with saturated fats in the past are most likely due to factors other than SFAs[…]

2004 schreibt Sylvan Lee Weinberg, der ehemalige Präsident des American College of Cardiology[17]:

Die fettarme, kohlenhydratreiche Diät … kann in der aktuellen Epidemie von Fettleibigkeit, Lipid-Anomalien, Typ-2-Diabetes und metabolischen Syndromen eine unbeabsichtigte Rolle gespielt haben. Diese Diät kann nicht mehr unter Berufung auf die Autorität renommierter medizinischer Organisationen verteidigt werden.

2017, Nutrition & Metabolism [18]

[…] In prospective observational studies and randomized controlled trials, higher total SAFA (Saturated Fatty Acides) intakes were not associated with higher incident CHD events or mortality […]

2016, British Journal of Sports Medicine

Dies ist ein wunderschöner Übersichtsartikel, der die aktuelle wissenschaftliche Situation sehr gut darstellt. Der Titel des Artikels: Saturated fat does not clog the arteries: coronary heart disease is a chronic inflammatory condition, the risk of which can be effectively reduced from healthy lifestyle interventions.

[…] Coronary artery disease pathogenesis and treatment urgently requires a paradigm shift. Despite popular belief among doctors and the public, the conceptual model of dietary saturated fat clogging a pipe is just plain wrong. A landmark systematic review and meta-analysis of observational studies showed no association between saturated fat consumption and [19] all-cause mortality, (2) coronary heart disease (CHD), (3) CHD mortality, (4) ischaemic stroke or (5) type 2 diabetes in healthy adults. Similarly in the secondary prevention of CHD there is no benefit from reduced fat, including saturated fat, on myocardial infarction, cardiovascular or all-cause mortality [20]. It is instructive to note that in an angiographic study of postmenopausal women with CHD, greater intake of saturated fat was associated with less progression of atherosclerosis whereas carbohydrate and polyunsaturated fat intake were associated with greater progression [21]. […]

Cholesterin und gesättigte Fette in der Ernährung führen nicht zu HKE

Halten wir fest, Tierstudien und Epidemiologische Studien in den 40er und 50er Jahren deuteten auf eine Rolle von Cholesterin und gesättigten Fetten in der Ernährung bei der Entstehung von HKE hin. Diese Studien bilden die Basis der, nun in der ganzen Welt geltenden, Ernährungsempfehlungen.

Bei der Debatte um Cholesterin und gesättigtes Fett müssen wir zwei Ebenen unterscheiden.

  1. Cholesterin und gesättigtes Fett in der Nahrung
  2. Cholesterin und gesättigtes Fett im Blut

Cholesterin in der Nahrung beeinflusst den Cholesterinspiegel im Blut nur minimal

Ich bin mir sicher, jeder hat schon einmal die Aussage gehört, man sollte nur ein Ei pro Woche essen. Wegen des Cholesterins… Auch wenn diese Geschichte immer noch in so manchen Praxen und Diätberatungen zu hören ist, es ist FALSCH. Cholesterin in der Nahrung ist zu vernachlässigen. Selbst die ersten Verfechter dieser Hypothese haben ihren Standpunkt dazu geändert. Ancel Keys selbst schreibt in einem Brief an The New England Journal of Medicine:

Dietary cholesterol has an important effect on the cholesterol level in the blood of chickens and rabbits, but many controlled experiments have shown that dietary cholesterol has a limited effect in humans. Adding cholesterol to a cholesterol-free diet raises the blood level in humans, but when added to an unrestricted diet, it has a minimal effect. [22]

Auch in den neuen “Dietary Guidelines for Americans” steht: „Cholesterol is not considered a nutrient of concern for overconsumption.“[23]

Cholesterin in der Nahrung ist nicht gleich Cholesterin im Blut

Gesättigtes Fett in der Ernährung

Ob gesättigtes Fett den Cholesterinspiegel erhöht, ist nur dann relevant, wenn ein erhöhter Cholesterinspiegel ein Gesundheitsrisiko darstellt. Wie wichtig Cholesterin im Körper ist und welche essenziellen Schlüsselpositionen es besetzt, habe ich schon eingangs behandelt.

Die Diskussion um die Rolle von Cholesterin in der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen ist genauso alt, wie die um das gesättigte Fett. Um ein für alle Mal die Debatte um Cholesterin und Fett zu klären, wurde bereits 1948 die Framingham Heart Study ins Leben gerufen.

1948 startete eines der größten und teuersten Unterfangen der amerikanischen Gesundheitsgeschichte – die Framingham Heart Study. Ziel dieses Monsterprojekts war und ist es bis heute, ein für alle Mal zu zeigen, dass gesättigte Fette das Herzinfarktrisiko erhöhen, Cholesterin ein Risikomarker ist und low-fat und viel Bewegung der sichere Pfad zu einem gesunden und schlanken Körper ist. Leider ist es bis heute nicht gelungen, diese eindeutigen Ergebnisse zu liefern.

1987 wurden die Ergebnisse der vergangenen 30 Jahre ausgewertet und veröffentlicht. Es ergab sich KEIN Zusammenhang zwischen Gesamtcholesterin und Herz-Kreislauferkrankungen [24].

Cholesterinwerte im Blut und Herz-Kreislauferkrankungen

Folgende Zahlen stammen aus der 30 Jahre Follow-up Framingham Study (1980). Die Forscher kamen zu folgendem Ergebnis [25].

Frauen und Männer:

TC* 205 – 264 mg/dl = kein Zusammenhang mit CVD**

50% der Leute mit Herzinfarkt, hatten WENIGER als 220mg/dl

*TC = Total Cholesterol **CVD = Cardio Vascular Disease (= Herz-Kreislauferkrankungen)

Männer zwischen 48 – 57 Jahren:

CVD↑ bei TC 183-222 mg/dl

CVD↓ bei TC 222-262 mg/dl

Zitat aus der 30 Jahre follow-up Studie:

Jedes mg weniger Cholesterin führt zu einer 11%igen Erhöhung in herzkrankheitsbedingter Sterblichkeit UND Gesamtsterblichkeit.

Ein hoher Cholesterinspiegel wirkt schützend im Alter

In einer finnischen Studie mit 490 Senioren (>75 Jahre) fanden die Forscher heraus, dass Senioren mit einem niedrigen Gesamtcholesterin eine HÖHERE Sterblichkeit aufwiesen, als die Individuen mit einem erhöhten Cholesterinspiegel[26].

Heute wissen wir, dass Gesamtcholesterin alleine KEIN Risikomarker für Herz-Kreislauferkrankungen ist. Wir wissen, dass es verschiedene Subklassen von Cholesterin gibt und dass Entzündung und Oxidation durch freie Radikale ein großes Risiko darstellen.

Dies scheint besonders für Frauen zu gelten. In der norwegischen HUNT-2 Studie zeigte sich, dass Cholesterin kein linearer Risikofaktor ist und es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt [27]. 52.087 Teilnehmer im Alter zwischen 20 und 70 wurden über 10 Jahre begleitet.

Wir sehen bei den Männern eine U-förmige Kurve. Die geringste Sterblichkeit liegt bei 5.0 – 5.9 mmol/l (198 – 228 mg/dl). Unter 5.0 mmol/l ist die Sterblichkeit besonders hoch. Sie liegt sogar höher als bei Werten bis 7.0 mmol/l (305 mg/dl).

Gesättigte Fette erhöhen HDL-Cholesterin, normalisieren den gesamt Cholesterinspiegel und sorgen für mehr große-fluffige LDL Partikel an Stelle der kleinen-dichten LDL-Partikel, welche mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert sind [28]

Ein weiterer Wendepunkt in Ernährungsfragen wird vom Kardiologenkongress in Davos (12. Februar 2017) gemeldet. Dort hielt der Vorsitzende der World Heart Federation, Prof. Salim Yusuf, einen revolutionären Vortrag „Nutrition and CVD: Data from 17 countries on 150’000 people – S. Yusuf“ .

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Gibt es wirklich GUTES und BÖSES Cholesterin?

Die Einteilung in Gut und Böse ist einfach und zutiefst menschlich. Graubereiche sind schwer zu verstehen und machen alles einfach noch mal eine Spur komplexer. Gerne wird das HDL-Cholesterin als „GUT“ bezeichnet und das LDL-Cholesterin als „BÖSE“. Diese Einteilung ist falsch.

2016 publizierten Ravnskov und Kollegen eine Meta-Analyse zum Thema LDL-Cholesterin und Sterblichkeit bei älteren Personen (≥ 60 Jahre). Sie fanden 19 Studien mit insgesamt 68 094 Teilnehmern. In 16 Studien fand sich eine inverse Korrelation zwischen LDL-C und Gesamtsterblichkeit. Bei 14 war die Korrelation statistisch signifikant, dies entspricht 92% aller Teilnehmer. Diese Ergebnisse sprechen gegen die Cholesterin-Arteriosklerose Hypothese [29].

“Lack of an association or an inverse association between low-density-lipoprotein cholesterol and mortality in the elderly: a systematic review.”

Eine Reanalyse unpublizierter Daten aus der Sydney Heart Study und dem Minnesota Coronary Experiment zeigten, dass der Austausch von gesättigtem Fett gegen linolensäurehaltiges Pflanzenöl das Sterblichkeitsrisiko erhöhte, trotz der signifikanten Reduktion in LDL und Gesamtcholesterin [30].

Ähnliches zeigt auch eine Pharmastudie aus 2016. In der sogenannten ACCELERATE Studie wurde Evacetrapib getestet [31]. Evacetrapib ist ein Medikament, welches senkend auf LDL wirkt und zu einer Zunahme von HDL führt.

[…] Those results suggested that compared with placebo, patients who received evacetrapib demonstrated a 130% increase in HDL-C (104 mg/dL vs 46 mg/dL) and a 37% drop in LDL-C (55 mg/dL vs 84 mg/dL). […]

Trotz dieser erfolgreichen Veränderung der Lipidwerte gab es KEINEN Unterschied zwischen den Gruppen.

[…] Despite these findings, the primary end point was nearly identical in the 2 groups (evacetrapib, 12.8% vs placebo, 12.7%; hazard ratio [HR]:1.01; P=.85). […]

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist der Artikel von DuBroff (2017) zu den Ergebnissen des ACCELERATE Trails [32]: Cholesterol paradox: a correlate does not a surrogate make.

Er schreibt: „Diese klinische Studie trägt zu einem wachsenden Volumen an Wissen bei, das die Gültigkeit der Cholesterin-Hypothese und die Nützlichkeit von Cholesterin als Surrogatendpunkt in Frage stellt. Unbeabsichtigt kann die Cholesterinhypothese sogar zu dieser Pandemie beigetragen haben.“

Was solltest du über dein Cholesterin wissen

Wir wissen bis jetzt, dass der Cholesterinwert alleine KEINE Information über das tatsächliche Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen gibt. Das Bild ist, wie immer, wesentlich komplexer. Cholesterin kann durch zahlreiche Faktoren, unabhängig von der Ernährung, beeinflusst werden. Stress, Infektionen, Mikronährstoffmängel und intensiver Sport wären hier zu nennen. So schreibt der Mediziner Dr. Bodo Kuklinski in seinem Standardwerk „Mitochondrien“, dass Profisportler oft Cholesterinwerte um 300mg/dl haben. Cholesterin hat nämlich auch antioxidative Eigenschaften und bei großen Belastungen steigt der Bedarf an Antioxidantien. Wichtig ist, dass HDL entsprechend hoch ist, so dass der Rücktransport des Cholesterins gewährleistet ist (reverse cholesterol transport) [33].

Im Rahmen der jährlichen Vorsorgeuntersuchung werden neben dem Cholesterin auch noch andere Werte erhoben, nämlich HDL, LDL und Triglyceride. Anhand dieser Werte lässt sich ein mögliches Risiko schon wesentlich besser abschätzen. Wer es noch genauer wissen will, oder doch Bedenken hat, kann noch weitere Untersuchungen machen lassen, die allerdings nicht von der Krankenkasse übernommen werden.

Tatsächliche Risikofaktoren

Niedriges HDL-Cholesterin

HDL (high densitiy lipoprotein) ist ein Lipoprotein. Seine Aufgabe besteht darin, Cholesterin zurück zur Leber zu transportieren. Dies wird als Reverser-Cholesterintransport bezeichnet. Hier gilt, dass niedrige HDL Werte tatsächlich mit einem erhöhten Risiko assoziiert sind. Mehrfach ungesättigte Pflanzenöle senken zwar Gesamtcholesterin, aber leider auch HDL. Somit hat man nichts gewonnen.

Hohe Triglyceride

Hohe nüchtern Triglyceride und ein starker Anstieg der Triglyceride nach dem Essen, stellen starke Risikofaktoren dar. Auch wenn auf dem Laborbefund eine Obergrenze von 150 mg/dl angegeben wird, so zeigt sich, dass Werte unter 100 mg/dl anzustreben sind. Triglycerid-Werte werden stark durch Kohlenhydrataufnahme beeinflusst. Grundsätzlich kann man sagen, je weniger Kohlenhydrate, umso niedriger die Triglyceride.

Triglyceride/HDL Ratio

Auch das Verhältnis von Triglyceriden zu HDL ist relevant [34]. Dazu dividiert man einfach Triglyceride durch HDL (mg/dl). Dabei gelten folgende Grenzwerte:

Männer: < 2.5

Frauen: < 3.5

Zusätzliche Untersuchungen

LDL-Cholesterin

Dachte man noch vor kurzem, dass LDL grundsätzlich zu den „Bösen“ gehört, zeigt sich auch hier ein differenziertes Bild. Wie HDL, ist LDL ein Lipoprotein. Seine Aufgabe ist der Transport von Cholesterin, Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen zu den Zellen. LDL hat also lebenswichtige Aufgaben im Körper. Die Studienergebnisse sind inhomogen. Einerseits scheint das Senken des LDLs einen positiven Effekt auf das Auftreten von HKE zu haben, andererseits sehen wir keine Korrelation oder sogar eine umgedrehte (inverse) Korrelation [35]. LDL-Cholesterin alleine ist kein unabhängiger Risikofaktor. Unter den 28.000 Teilnehmern der Women’s Health Study, lag bei 46% der Frauen mit einem erstmaligem Vorfall (kardiovaskuläres Event) das LDL-Cholesterin unter 130 mg/dl, also in der „idealen“ Bandbreite.

Wie lässt sich das erklären? Anthony Colpo schreibt in seiner Review im Journal of American Physicians and Surgeons [36], dass zwischen nativem LDL und oxidiertem LDL unterschieden werden muss.

LDL wird nicht gemessen, sondern berechnet

Die wenigsten Ärzte wissen, dass LDL nicht gemessen, sondern berechnet wird. Die Laboreinrichtungen nutzen dazu eine Formel aus dem Jahr 1972. Diese Formel, nach ihrem Erfinder, als Friedewald-Formel bezeichnet, wird nun seit den 70ern genutzt. Die Formel birgt zwei Probleme.

In den 70er Jahren war die Computerleistung noch nicht wirklich da, wo sie heute ist. Es gibt mittlerweile wesentlich neuere und genauere Formeln, die allerdings nicht verwendet werden.

Sind die Triglyceride sehr hoch, oder sehr niedrig, dann stimmt die Friedewald-Formel nicht. LDL wird dadurch höher geschätzt, als es tatsächlich ist.

 Hier ein Beispiel:

  • Gesamt Cholesterin (TC): 273 mg/dl (7 mmol/l)
  • Triglyceride (TG) = 62 mg/dl (1,78 mmol/l)
  • HDL = 69 mg/dl (0,69 mmol/l)

Friedewald (1972)

LDL = TC – HDL – (TG / 5)

192 mg/dl (4,96 mmol/l)

Ahmadi (2008) [41]

LDL (mg/dl) = TC/1.19 + TG/1.9 – HDL/1.1 – 38

161 mg/dl (4,16 mmol/l)

Cordova (2013) [42]

LDL = 3/4 (TC – HDL)

153 mg/dl (3,95 mmol/l)

Drei unterschiedliche Berechnungsmethoden, drei unterschiedliche Ergebnisse.

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Oxidiertes LDL (oxLDL)

Oxidation ist grundsätzlich etwas, das wir vermeiden wollen. Oxidation ist die Reaktion von Sauerstoff mit anderen Molekülen. Ein Beispiel für Oxidation ist die Entstehung von Rost. So wenig wie wir wollen, dass sich Rost auf den Metallteilen unseres Autos bildet, wollen wir, dass unser Körper rostet. Oxidierte Moleküle können ihre Aufgabe im Körper nicht mehr richtig ausführen und erzeugen Entzündungsreaktionen. Ein gewisses Maß an Oxidation ist normal und auch kein Problem. Übersteigt die Oxidationsrate allerdings die Kapazität des Körpers, der Oxidation entgegenzuwirken, dann kommt es zu Problemen.

Der Anteil des oxidierten LDL (oxLDL) kann von spezialisierten Laborinstituten bestimmt werden.

LDL Partikelgröße (LDL-Sub-Fraktionen)

Hier die Ergebnisse meiner Messung.

Neben dem Anteil der oxidierten LDL-Moleküle im Blut, lässt sich noch ein weiterer Risikofaktor bestimmen, nämlich die Größe der LDL-Partikel [37].

LDL kommt in unterschiedlichen Größen im Blut vor. Wir unterscheiden im Wesentlichen zwischen Pattern-B (klein und dicht) und Pattern-A (groß und fluffig). Die kleinen, dichten LDL Partikel weisen ein hohes atherogenes Potenzial auf, da sie leichter oxidieren und in die Gefäßwände eindringen können [38].

Da diese Laboruntersuchung nicht ganz günstig ist, gibt es noch einen Alternativ-Marker. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der LDL-Partikelgröße und den Triglyzeriden. Je niedriger die Triglyceride, umso höher der Anteil an größeren LDL-Partikeln und desto geringer ist das Risiko für HKE.

Kalzium-Scoring (CAC / Agatson Score)

Die Ablagerung von Kalzium in den Gefäßwänden gilt als unabhängiger Risikofaktor für HKE und eignet sich besonders gut zur Früherkennung. Kalzium-Scoring (CAC = Coronary Artery Calcification) ist eine nicht-invasive Untersuchung und wird mittels eines CT-Scans durchgeführt. Die Krankenkassen übernehmen zurzeit die Kosten noch nicht. Der Scan kostet in Österreich ca. 110€. Selbstständig Versicherten in Österreich mit erhöhtem Cholesterin können nach Antrag die Kosten (abzüglich Selbstbehalt) erstattet werden (Ich selbst musste zweimal nachfragen bis es geklappt hat).

 

Was beeinflusst die Lipidwerte (Bluttfettwerte)?

Ich habe festgestellt, dass in der Bevölkerung und unter den Fachleuten eine gewisse Art von „kognitiver Dissonanz“ herrscht.

„konventioneller“ Arzt:

Es geht dir schlecht:
„Du kannst mit deiner Ernährung nichts daran ändern.“

Du hast schlechte Cholesterin-Werte:
„Daran ist deine Ernährung schuld.“

So unvorstellbar es für viele Ärzte und Laien ist, dass man mit Ernährung viele chronische Erkrankungen positiv beeinflussen kann, so sicher sind sie doch, dass die schlechten Blutwerte ausschließlich vom Schweinsbraten und den Eiern kommen müssen. Obwohl es sich wohl umgekehrt verhält, denn Kohlenhydrate treiben die Triglycerid-Werte in die Höhe und fördern Oxidation. Es gibt noch VIELE andere Faktoren, die auf die Blutfettwerte wirken, wie zum Beispiel:

  • Mikronährstoff Mängel (Defizite) wie z. B. Vitamin D, B12, Folat und B6
  • Entzündung
  • Stress
  • Infektionen
  • Hormon-Dysbalancen (niedriges Testosteron, Menopause)
  • Und noch vieles mehr

 

LCHF ist für die meisten eine gute Strategie

Insulinresistenz, Übergewicht und chronische Entzündung sind als die wahre Wurzel kardiovaskulärer Erkrankungen zu sehen. Somit muss der Hauptfokus darauf liegen, die Insulinsensitivität zu verbessern, ein normales Körpergewicht zu erreichen und Entzündungsprozesse einzudämmen. All diese Aspekte werden durch eine richtig formulierte LCHF-/Paleo-Ernährung verbessert [39] [40].

Einen etwas anderen Ansatz müssen vermutlich Menschen wählen, die eine (tatsächliche) familiäre Hypercholesterinämie haben oder die ApoE4 Genvariante besitzen. Hier wäre eine „Mediterrane Paleo Ernährung“ empfehlenswert, bei der der Fokus auf einfach ungesättigten Fetten (Olivenöl), sauberen Kohlenhydraten, fettärmeren Fleischstücken und weniger gesättigtem Fett liegt.


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[10] http://www.nhlbi.nih.gov/about/documents/factbook/2012/chapter4 (Abruf 08. August 2017)

[11] http://www.qmmuseum.lee.army.mil/subsistence/KRation_Dinner.JPG, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11135640

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[41]  The impact of low serum triglyceride on LDL-cholesterol estimation.  Ahmadi SA(1), Boroumand MA, Gohari-Moghaddam K, Tajik P, Dibaj SM.Arch Iran Med. 2008 May;11(3):318-21. doi: 08113/AIM.0014.

[42] A new accurate, simple formula for LDL-cholesterol estimation based on directly measured blood lipids from a large cohort. – de Cordova CM(1), de Cordova MM.  1. Ann Clin Biochem. 2013 Jan;50(Pt 1):13-9. doi: 10.1258/acb.2012.011259. Epub 2012
Oct 29.

 

    1. Was meinst du damit? Menschen zählen (jedenfalls biologisch gesehen) auch als Tier. Zum besseren Verständnis habe ich den Satz auf „Cholesterin kann nur von Tieren und Menschen gebildet werden“ geändert.

  1. Sehr, sehr schöne Zusammenfassung!

    Leider sind bei deinen Formeln und auch bei dem Rechner HDL und TG vertauscht, das solltest Du noch korrigieren.

    lg Jürgen

      1. Sorry, falsch ausgedrückt von mir: die abgedruckten Formeln sind alle drei so korrekt, aber in der Programmierung wurden bei allen die beiden Variablen vertauscht.

        z. B. Friedewald: LDL = 273-62-69/5 = 197 mg/dl = korrekter Wert

        Dein angegebener Wert für LDL ergibt sich aus: 273-69-62/5 = 192

        Ist eigentlich nicht weiter wichtig, aber ich habe das halt gleich nachprogrammiert und dabei ist mir das aufgefallen.

      2. Danke Jürgen. Tatsächlich waren die HDL und TG Werte vertauscht. Das ist nämlich ein Blutbefund von mir aus dem Jahr 2015.

        Ich habe auch den Link zu einem kleinen Rechner /cholesterol_calculator in den Artikel eingefügt, dann muss man das nicht selber programmieren 😉

      3. Auch wenn das jetzt schon oberlehrerhaft wirkt, bei dem Rechner ist noch ein Fehlerchen drin: 192 mg/dl LDL ergibt 192/38,66 = 4,97 mmol/l und nicht 5,14 mmol/l. Mit ein Grund, warum ich alles selber programmiere. Dafür habe ich es leider überhaupt nicht so mit der Biochemie, aber darin seid ihr ja Spitze!

    1. Hi, Leo hier!

      Danke, dass du den Artikel so aufmerksam gelesen hast. Ich habe jetzt Gesamtcholesterin ergänzt und auch gleich die Werte in mmol (Internationale Einheit) angegeben. Außerdem gibt es jetzt die Links zu den Papers von Ahmadi on de Cordova

  2. Toller Artikel! Danke. Ich vermisse aber die Rolle des LP (a) und die daraus verhängnisvolle Rolle des LDLs.

      1. Aufgrund des Artikels habe ich vor einigen Monaten mein Fetttröpfen-Größe beim GanzImmun testen lassen (Danke dafür) und seit dem weiß ich, das ich flufflige Tröpfen habe. Aber trotzdem ist das LP (a) erhöht und Plaques sind deutlich sichtbar. Grad gestern sagte der Arzt zu mir (ich habe LDL 90) ich soll/muss Statine nehmen, damit würde ich länger leben!

    1. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Wenn es schon super Bücher zu dem Thema gibt, dann muss man natürlich darauf hinweisen 😀

  3. Liebe Julia, ganz herzlichen Dank für den Artikel und es ist so wichtig, dass darüber gesprochen und geschrieben wird. Herzlichst Barbara

  4. Hallo Julia,

    das ist eine tolle Zusammenfassung. Super recherchiert und lebendig geschrieben. Klasse !
    Herzlichen Dank !

    LG

    Martin Rübenacker

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